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Freitag, 29. Dezember 2023

Die Spinne

 

Die Spinne

Von Hanns Heinz Ewers

Als der Student der Medizin Richard Bracquemont sich entschloß, daß Zimmer Nr. 7 des kleinen Hotel Stevens, Rue Alfred Stevens 6, zu beziehen, hatten sich in diesem Raume an drei aufeinanderfolgenden Freitagen drei Personen am Fensterkreuz erhängt.

Der erste war ein Schweizer Handlungsreisender. Man fand seine Leiche erst Samstag abend; der Arzt stellte fest, daß der Tod zwischen fünf und sechs Uhr Freitag nachmittags eingetreten sein müsse. Die Leiche hing an einem starken Haken, der in das Fensterkreuz eingeschlagen war und zum Aufhängen von Kleidungsstücken diente. Das Fenster war geschlossen, der Tote hatte als Strick die Gardinenschnur benutzt. Da das Fenster sehr niedrig war, lagen die Beine fast bis zu den Knien auf dem Boden; der Selbstmörder mußte also eine starke Energie in der Ausführung seiner Absicht betätigt haben. Es wurde weiter festgestellt, daß er verheiratet und Vater von vier Kindern war, sich in durchaus gesicherter und auskömmlicher Lebensstellung befand und von heiterem, fast stets vergnügtem Charakter war. Irgend etwas Schriftliches, das auf den Selbstmord Bezug hatte, fand man nicht vor, ebensowenig ein Testament; auch hatte er keinem seiner Bekannten gegenüber jemals eine dahingehende Äußerung getan.

Nicht viel anders lag der zweite Fall. Der Artist Karl Krause, als Fahrradverwandlungskünstler in dem ganz nahe gelegenen Cirque Médrano engagiert, bezog das Zimmer Nr. 7 zwei Tage später. Als er am nächsten Freitag nicht zur Vorstellung erschien, schickte der Direktor den Theaterdiener in das Hotel; dieser fand den Künstler in dem nicht verschlossenen Zimmer am Fensterkreuz erhängt vor, und zwar unter den durchaus gleichen Umständen. Dieser Selbstmord schien nicht weniger rätselhaft; der beliebte Artist bezog recht hohe Gagen und pflegte, ein fünfundzwanzigjähriger junger Mann, sein Leben in vollen Zügen zu genießen. Auch hier nichts Schriftliches, keinerlei verfängliche Äußerungen. Die einzige Hinterbliebene war eine alte Mutter, der ihr Sohn pünktlich an jedem Ersten zweihundert Mark für ihren Lebensunterhalt zu schicken pflegte.

Freitag, 22. Dezember 2023

Die verdächtigen Schritte

 


Gilbert Keith Chesterton

 Die verdächtigen Schritte

Wenn du einmal ein Mitglied jenes auserlesenen Klubs »Die zwölf echten Fischer« triffst, das anläßlich des jährlichen Klubdiners das Vernon-Hotel betritt, wirst du, wenn er seinen Überzieher abnimmt, bemerken, daß sein Frack grün und nicht schwarz ist. Wenn – vorausgesetzt, daß du die unerhörte Kühnheit hast, solch ein Wesen anzusprechen – du ihn nach dem Grunde fragst, wird er wahrscheinlich antworten, es geschehe das, um eine Verwechselung mit dem Kellner zu vermeiden. Du wirst dann ganz niedergeschmettert weggehen, aber auch ein ebenso ungelöstes Geheimnis wie eine erzählenswerte Geschichte hinter dir lassen.

Wenn – um denselben Faden unwahrscheinlicher Mutmaßung weiterzuspinnen – du dann einen milden, hart arbeitenden, kleinen Priester namens Father Brown treffen und ihn fragen solltest, was er für den eigenartigsten Zufall seines Lebens halte, würde er wahrscheinlich antworten, daß im ganzen genommen er seinen besten Streich im Vernon-Hotel vollführt habe, wo er einfach dadurch ein Verbrechen verhindert und vielleicht auch eine Seele gerettet habe, daß er ein paar Schritten auf einem Gange gelauscht hatte. Vielleicht ist er ein klein wenig stolz auf diese seine kühne und wunderbare Mutmaßung, und es ist möglich, daß er darauf zu sprechen kommt. Nachdem es jedoch ziemlich unwahrscheinlich ist, daß du jemals hoch genug in der Gesellschaft steigen wirst, um auf einen der »Zwölf echten Fischer«, oder je so tief bis zu den verrufenen Vierteln und Verbrechern hinabsinken wirst, um auf Father Brown zu stoßen, fürchte ich, wirst du überhaupt nie die Geschichte vernehmen, wenn nicht von mir.

Freitag, 15. Dezember 2023

HELDEN STERBEN SCHWER


 


 von HENRY GADE


Der Kutter "Wallace" der Küstenwache wurde als durch
Feindeinwirkung. Wie konnte sie dann einem Schwesterschiff helfen?

DER Kutter Bertram der Küstenwache der Vereinigten Staaten pflügte durch die schwarzen Täler des Nordatlantiks. Das Wasser, das über die Reling brach, gefror in frostigen, weißen Schichten auf dem Deck und schweißte die Wasserbomben zu einem festen Eisklumpen zusammen. Es war nach Mitternacht. Auf der Steuerbordseite kämpften die schwerfälligen Tramps und die schnittigen neuen Frachter des Konvois darum, Schritt zu halten. Die See war so rau, dass die Sternschalen nur endlose, rollende Wasserberge zeigten. Sie verbargen den Konvoi sowohl vor freundlichen als auch vor feindlichen Augen.

Irgendwo wartete das Wolfsrudel. U-Boote, die bereit waren, den Tod aus ihren Schnauzen zu schießen, sobald sie sich im Schutz der Dunkelheit hineinschleichen und eine fette Beute der Handelsmarine abgreifen konnten.

Kapitän Wells Arthur von der Bertram kam in seinen schweren, mit Schafsfell gefütterten Stiefeln und seinem Helm an Bord. Eine Pfeife, kurz und gut gekaut, hing aus seinem Mund. Seine Augen funkelten zwar, aber sie hatten den harten Blick eines Mannes, der seit Monaten auf den Nordmeeren kämpfte und bisher jede Schlacht gewonnen hatte.

Die Bertram lief schwer nach Backbord und fuhr im Zickzackkurs am äußeren Rand des Konvois entlang. Etwa eine halbe Meile entfernt setzte ein Blinkersignal seine Lichtbotschaft in die Leere. Kapitän Wells Arthur fand seinen Weg auf die Brücke. Er steckte die Pfeife in seine Tasche und wartete, bis die Signalmänner mit ihrer Arbeit fertig waren. Der Wind heulte um ihn herum, als ob das Meer sich über die Einmischung des Menschen ärgern würde.

Ein rotgesichtiger, gut gepolsterter Mann wandte sich von der Signallampe ab. Er grinste Kapitän Arthur an, beugte sich dicht an sein Ohr und brüllte laut über den Sturm hinweg.

Freitag, 8. Dezember 2023

ALLE ARTEN VON MENSCHEN

von  LEROY YERXA


SAMUEL S. BLACK hörte auf, das Skript zu lesen, das er in gemächlichem Tempo durchgelesen hatte, und griff zum Telefon.

"Ja! Was gibt es?"

Tillie Compton, die Telefonistin von Black-Publications, Incorporated, meldete sich mit einer vermeintlich frischen, jungen Stimme:

"Ein Mr. Flitt möchte Sie sprechen, Mr. Black." Das war alles sehr förmlich von Tillie, denn normalerweise nannte sie Samuel S. Black bei seinem Spitznamen. "Pinky" und setzte sich sogar auf sein Knie, wenn es der Anlass erforderte.

"Flitt-Flitt? Kennen wir jemanden namens Flitt?"

Er hörte Tillie seufzen. Samuel S. Blacks Gedächtnis war manchmal getrübt durch die Unmengen von "Matsch", durch die er sich wühlen musste, um eine vorzeigbare Geschichte für Horrible Tales zu finden.

Tillies Stimme war sanft, aber mit einem Hauch von Sarkasmus gewürzt.

Freitag, 1. Dezember 2023

Spleen

 


Spleen

 von Maurice Leblanc

Von seiner Jugend an bemühte sich Sir Arthur Burton, seinem Leben irgendeinen Zweck zu geben, wie seltsam dieser auch sein mochte. Er war sehr reich und versuchte mühsam, sein Vermögen mit neuen Mitteln zu verschwenden. Er wollte sich einen Ruf als Exzentriker erwerben, doch aufgrund seiner kurzen Vorstellungskraft gelang ihm das nicht. Er fühlte sich banal, bürgerlich und bodenständig.

Als er schließlich entmutigt war, ahmte er einen seiner Landsleute nach und wettete, dass er den Tod des Dompteurs Néros miterleben würde. Nach drei Jahren hartnäckiger Verfolgung sah er, wie der Löwe Brutus mit einem Prankenhieb den Schädel seines Herrn aufschlitzte.

Das Leben begann wieder unerträglich. Er verglich die Monotonie der Gegenwart mit den vielfältigen Freuden, die er früher empfunden hatte, wenn er dem Dompteur von Stadt zu Stadt gefolgt war, mit der köstlichen Angst, die ihn während des Kampfes umklammerte. Dann liebte er diese Tiere mit dankbarer Zuneigung. Jedes von ihnen hielt in seinem Maul und in seinen Klauen ein Stück seines Fleisches und seiner Gedanken. Die Gewohnheit hatte sie zu Kameraden gemacht, die einzigen, die die dicke Kruste seines Egoismus durchbrochen hätten.

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